Architektenrecht


 BGH legt Preisrecht der HOAI dem BGH vor

 

Am 04.07.2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze für europarechtswidrig erklärt (Rechtsssache C-377/17). Diese Entscheidung des EuGH hat bei den nationalen Gerichten in Deutschland zu konträren Entscheidungen und damit zu einer Unsicherheit darüber geführt, ob auch noch nach dem EuGH-Urteil vom 04.07.2019 die Mindestsätze der HOAI durchsetzbar sind, bis es zu einer Änderung der HOAI kommt. Es bestand die Hoffnung, dass der BGH nunmehr Klarheit in dieser Frage schafft.

Am 14.05.2020 hat der Verhandlungstermin vor dem für das Bau- und Architektenrecht zuständigen VII. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof (Az.: VII ZR 174/19) stattgefunden. Gleich im Anschluss hat der BGH seine Entscheidung verkündet.

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und in einem Vorabentscheidungsersuchen dem EuGH sinngemäß folgende Fragen vorgelegt:
  1. Ist die Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen unmittelbar anwendbar (mit der Folge, dass § 7 HOAI mit der Vorgabe von verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen nicht gilt)?
     
  2. Falls nein: Liegt in der Regelung verbindlicher Mindestsätze in § 7 HOAI ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts?
     
  3. Sofern Frage 2 bejaht wird: Folgt aus einem solchen Verstoß, dass in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen die nationalen Regelungen über verbindliche Mindestsätze (hier: § 7 HOAI) nicht mehr anzuwenden sind?

Der BGH hat bei seiner Entscheidung vom 14.05.2020 seine eigene Meinung geäußert. Demnach neigt der VII. Zivilsenat beim BGH dazu, bei dem vorliegenden Sachverhalt keine unmittelbare Wirkung der Dienstleistungsrichtlinie anzunehmen, mit der Folge, dass § 7 HOAI in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar wäre. Der BGH begründet dies damit, dass eine Richtlinie grundsätzlich nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist. Eine Richtlinie könne demgemäß grundsätzlich auch nicht in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt werden, um die Anwendung der Regelung eines Mitgliedstaats, die gegen die Richtlinie verstößt, auszuschließen.

 

Auch der XI. Zivilsenat hatte erst kürzlich in einer aktuellen Entscheidung festgehalten, dass der im nationalen Normtext zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers nicht richtlinienkonform gegen ihren erkennbaren Regelungsinhalt ausgelegt werden kann, wenn der EuGH diese Vorschrift für unionsrechtswidrig erklärt hat. (BGH, Beschluss vom 31.03.2020 - XI ZR 198/19). Allerdings erfolgte diese Entscheidung des XI. Zivilsenats, der für das Bankrecht und das Kapitalmarktrecht zuständig ist, nicht im Zusammenhang mit der HOAI.

Letztendlich wird die Frage, ob die Mindestsätze der HOAI weiterhin Gültigkeit haben, nicht durch ein deutsches Gericht entschieden, so dass jetzt alle wieder gespannt nach Luxemburg zum EuGH blicken. Jedoch werden wir uns gedulden müssen. In diesem Jahr ist in jedem Fall nicht mehr mit einer Entscheidung zu rechnen, so dass es sicher noch längere Zeit bei der unklaren Rechtslage verbleibt.


BGH, Beschluss vom 14.05.2020, Az.: VII ZR 174/19

Vorinstanzen:
LG Essen, Urteil vom 28.12.2017, Az.: 6 O 351/17
OLG Hamm, Urteil vom 23.07.2019, Az.: 21 U 24/18 (BauR 2019, 1810)

 
 
 

Mindest- und Höchstgebühren können gegen EU-Recht verstoßen

 

Die verbindlichen Honorare für Architekten und Ingenieure verstoßen gegen Unionsrecht. Zu dieser Feststellung kam der EuGH am 4. Juli 2019 in seinem Urteil zum Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in der Rs. C-377/17. Der Gerichtshof bestätigte damit die Ansicht der EU-Kommission, dass die Regelungen über Mindest- und Höchstgebühren in der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gegen Art. 15 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen. Wichtiger Rückschluss für das anwaltliche Gebührenrecht: Mindestgebühren können grundsätzlich zur Qualitätssicherung von Dienstleistungen beitragen, was Deutschland auch durch verschiedene Studien untermauert habe. Laut EuGH ist die Festsetzung von Mindestpreisen in der HOAI zum Qualitätsschutz jedoch nicht kohärent geregelt, weil die Planungsleistungen nicht Architekten und Ingenieuren vorbehalten sind und insofern keine Mindestgarantien gelten, die die Qualität dieser Leistungen gewährleisten könnten. Hinsichtlich der Regelungen von Höchstpreisen räumt der EuGH zwar ein, dass diese durch eine erhöhte Preistransparenz zum Verbraucherschutz beitragen könnten. Verbindliche Höchstpreise erweisen sich jedoch gegenüber bloßen Preisorientierungen für Verbraucher als nicht verhältnismäßig. Damit folgte der EuGH im Ergebnis der Auffassung der Kommission und des Generalanwalts Szpunar.

   

EU-Kommission geht weiter gegen Mindest- und Höchsthonorare für Architekten und Ingenieure vor

 

Die Europäische Kommission hat am 25.02.2016 in den Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und drei weitere Länder wegen unverhältnismäßiger Behinderungen freiberuflicher Dienstleistungen eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben. Deutschland gegenüber rügt sie die Mindest- und Höchsthonorare für Architekten und Ingenieure.

 

Nach Auffassung der Kommission laufen die Anforderungen, die bestimmte Dienstleister in diesen Mitgliedstaaten erfüllen müssen, der europäischen Dienstleistungsrichtlinie weiterhin zuwider. Sie seien diskriminierend und unverhältnismäßig, so Elzbieta Bienkowska, die EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmen und KMU. Gebe es etwa verbindliche Honorarsätze, wie in Deutschland, hätten die Kunden keine Möglichkeit den Preis auszuhandeln, den sie für eine bestimmte Qualität zahlen möchten. Die Kommission vertritt zudem die Ansicht, dass bei derartigen Dienstleistungen bereits mit anderen weniger einschneidenden Schutzmaßnahmen eine angemessene Qualität gewährleistet wird.

 

26.02.2106


Die HOAI 2013 ist am 17.7.2013 in Kraft getreten

 

Mit Kabinettsbeschluss vom 24.04.2013 wurde der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vom 6.3.2013 mit einigen redaktionellen und inhaltlichen Änderungen verabschiedet und unter der Bundesrats-Drucksache 334/13 dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet.

 

Der Bundesrat hat in der Sitzung vom 07.06.2013 die neue HOAI 2013 mit einigen Korrekturen verabschiedet. Die HOAI 2013 wurde im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 37 vom 16.7.2013 veröffentlicht und ist am 17.7.2013 in Kraft getreten.